Wie fühlt sich Demenz eigentlich an?

Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mondgesicht. Nur ist das Zeichnen über einen Spiegel in dieser Holzkonstruktion nicht so einfach, wie der alte Spruch besagt. Wie es sich anfühlt an Demenz erkrankt zu sein und welche Einschränkungen diese Erkrankung verbirgt, soll durch solche Demenz- Stationen an der KRH Geriatrie Langenhagen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gezeigt werden (Foto: Klinikum Region Hannover)

Perspektivwechsel soll Mitarbeiter/innen sensibilisieren und stärken

Hannover – Wie fühlt es sich an, an Demenz erkrankt zu sein? Wie verändert sich das alltägliche Leben? Diesen Fragen gingen Pflegende, Ärzte, Logopäden und Therapeuten auf Einladung der Ergotherapie-Abteilung der KRH Geriatrie Langenhagen an verschiedenen Stationen und mit verschiedenen Aufgaben nach.

Mal sollten Sterne gemalt, sich Preise gemerkt, oder schlichtweg ein Kleid angezogen werden, alles alltägliche Dinge, die wir wie selbstverständlich hinnehmen. Mit geschickter Manipulation waren die einfachen Dinge aber gar nicht mehr so einfach, sondern überraschend schwer.

„Mit den unterschiedlichen Aufgaben sollte eins verdeutlicht werden: Das Leben mit Demenz erschwert den Alltag enorm und ist frustrierend. Dinge, die früher selbstverständlich waren, sind heute stressig und schwer und machen dadurch wütend oder traurig“, sagt die Ergotherapeutin und Organisatorin des Demenzparcours Nicole Efevberha.

„Mit dem Parcour wollen wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit eines Perspektivwechsels geben, um dadurch Erfahrungen für Ihre Arbeitspraxis zu sammeln und diese besser reflektieren zu können.“

Bewusst sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter scheitern und dabei von den Umstehenden kritisch beäugt werden. Wie fühlt es sich an, sich nur noch mit Mühe An- und Ausziehen, nur noch schwer Schreiben oder Essen zu können?

„Reaktionen auf die Aufgaben im Parcour sind sehr vielfältig“, führt Efevberha weiter aus, „manche verspüren Wut, andere haben keine Lust mehr oder sind traurig, wenn Sie gescheitert sind. Der Parcour ist irgendwann zu Ende und wird abgebaut.

Patientinnen und Patienten mit Demenz erleben diese Schwierigkeiten und Gefühle vierundzwanzig Stunden am Tag.“ Das Sprechen über den Perspektivwechsel fand unter kooperativer Moderation und unter der Betreuung von Experten statt.

Mitorganisatoren des Parcours waren Christoph Gimmler, Sozialwissenschaftler und Mitarbeiter des Fachbereiches Senioren der Stadt Hannover sowie Projektkoordinatorin Netzwerk Demenz-aktiv, Cordula Bolz, Sozialgerontologin, ebenfalls von der Stadt Hannover, Fachbereich Senioren Heinemannhof Pflegezentrum, Kompetenzzentrum Demenz, ambulante Betreuung und Beratung, und Ingeborg Rademacher von der Alzheimer Gesellschaft Hannover e. V.

So berichtete Rademacher, dass sich Angehörige von Menschen mit Demenz untereinander zunehmend austauschen und Krankenhäuser gezielt mit dem Blick auf eine gute Versorgung und Anpassung auf die Bedürfnisse Demenzkranker auswählen würden.

„Genau deshalb sind solche Veranstaltungen und Kooperationen für das KRH so wichtig!“ betont Efevberha, die ebenfalls in der AG Menschen mit Demenz im Krankenhaus der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin aktiv ist.

„Wir freuen uns besonders, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem KRH Klinikum Nordstadt und dem KRH Klinikum Gehrden zu uns nach Langenhagen gekommen sind und sich mit uns über das Thema Demenz ausgetauscht haben“, betont die Ergotherapeutin.

„Die Gesellschaft wird immer älter und eine Demenzerkrankung immer mehr Thema in der stationären Behandlung. Hier gehen wir, mit solchen Veranstaltungen und Kooperationen, gute Wege um uns in der Krankenhauslandschaft besser aufzustellen und für die Zukunft gerüstet zu sein.“

Die abschließende Besprechung des Parcours verdeutlichte seine Wirkung. Wichtig war für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verstehen, Menschen mit Demenz sind nicht wie kleine Kinder. Während kleine Kinder lernen, verlernen Menschen mit Demenz immer mehr.

„Der Parcour ist ein kleiner Baustein für einen würdigen und gleichzeitig an medizinisch-klinische Prozesse eines Krankenhauses angepassten Umgang mit Menschen mit Demenz. Zu verstehen, wie die Demenz das Leben eines Menschen verändert und wie sie alltägliche Dinge erschwert, hilft uns in der täglichen Arbeit. Wir gewinnen dadurch mehr Sicherheit und können diese an die Patientinnen und Patienten zurückgeben“ sagt Efevberha.

HCN/kk