Die Landeshauptstadt Hannover feiert ein Jahrhundert Frauen im Rat

Die ehemalige Ratsfrau Dr. Hilde Mönnig, Gleichstellungsbeauftragte Friederike Kämpfe, Oberbürgermeister Stefan Schostok, Journalistin Annett Gröschner und Ratsfrau Afra Gamoori zwischen den Figurinen der Pionierinnen. (Foto: © LHH/ hannover.de)

Hannover – Nach der Einführung des Frauenwahlrechts 1918 wurden am 23. Februar 1919 fünf weibliche Abgeordnete in das hannoversche Bürgervorsteherkollegium gewählt – ein erster Meilenstein auf dem Weg zur geschlechtergerechten Repräsentation in der Politik.

Vor der Ratsversammlung veranstaltete die Landeshauptstadt Hannover am 28. Februar zu Ehren der ersten fünf Frauen im Rat und aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums des Frauenwahlrechts (1918) eine Feierstunde.

Eine Figurinen-Ausstellung im ersten Stock auf dem Flur vor dem Hodlersaal des Neuen Rathauses erinnert an die Pionierinnen der hannoverschen Kommunalpolitik. Sie ist bis Ende März dort zu sehen.

Fünf Frauen erhielten vor 100 Jahren erstmals Sitz und Stimme im hannoverschen Bürgervorsteherkollegium, dem heutigen Rat der Landeshauptstadt Hannover. Marie Ballauff, Therese Bremer, Mathilde Drees, Frieda Harms und Dr. Auguste Jorns waren die ersten weiblichen Abgeordneten im hannoverschen Bürgervorsteherkollegium.

„Hundert Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts sind Frauen in den Parlamenten noch immer unterrepräsentiert. Im aktuellen Rat der Landeshauptstadt Hannover sind nur knapp ein Drittel der Ratsmitglieder Frauen. Das muss sich ändern“, forderte Oberbürgermeister Stefan Schostok und beschrieb damit die Notwendigkeit, an die Errungenschaft des Frauenwahlrechts und dessen Umsetzung im Rahmen der Feierstunde zu erinnern.

„Ich freue mich aber, dass wir mit einer Figurinen-Ausstellung die ersten fünf weiblichen Abgeordneten für die Öffentlichkeit hier im Neuen Rathaus wieder sichtbar machen“, ergänzte der Oberbürgermeister.

Die Schriftstellerin und Journalistin Annett Gröschner präsentierte mit ihrem Vortrag „Der Fortschritt ist eine Schildkröte: Über die Teilhabe von Frauen in der Politik“ einen fachlichen Beitrag zum Thema.

„Solange eine Mitgliedschaft in Räten, Senaten oder Parlamenten dieselben Strukturen voraussetzt wie vor hundert Jahren – der Mann macht Politik und die Frauen halten ihm bezahlt oder unbezahlt den Rücken frei -, wird sich an der Unterrepräsentanz vor allem junger Frauen in der Politik nichts ändern. Sie haben dann nämlich Besseres zu tun.

Aber wir brauchen die alleinerziehende Köchin als Volksvertreterin genauso wie den Volljuristen über 50“, betonte Annett Gröschner.

Anschließend gab die Gleichstellungsbeauftrage der Landeshauptstadt Hannover, Friederike Kämpfe, einen Ausblick auf und über die geleisteten und noch anstehenden Aufgaben.

Unter anderem erläuterte sie: „Die Unterrepräsentanz von Frauen in Parlamenten hat viele Ursachen: Von der Gestaltung des Wahlrechts über die Arbeitsteilung von Frauen und Männern bis hin zu den Anforderungen an angehende Politiker*innen auf dem Weg zu einem politischen Mandat. Die Ansätze, daran zu arbeiten, müssen also vielfältig sein. Entscheidend ist jedoch, wie sich die Parteien als Weichenstellerinnen für politische Karrieren gegenüber Frauen aufstellen und welchen Wert sie der Repräsentanz von Frauen beimessen.“

Hintergrund:

Zur Wahl des hannoverschen Bürgervorsteherkollegiums hatten sich am 23. Februar 1919 15 Frauen zur Wahl gestellt. Fünf Frauen erhielten Sitz und Stimme im 84 Mitglieder umfassenden Bürgervorsteherkollegium:

Marie Ballauff, konservative Deutsch-Hannoversche Partei / Zentrum;

Therese Bremer, Sozialdemokratische Partei Deutschlands;

Mathilde Drees, linksliberale Deutsche Demokratische Partei;

Frieda Harms, Sozialdemokratische Partei Deutschlands;

Dr. Auguste Jorns, nationalliberale Deutsche Volkspartei.

Die neuen Mitglieder wurden am darauffolgenden Freitagabend, 28.2.1919, im Neuen Rathaus von Oberbürgermeister Robert Leinert in ihr Amt eingeführt.

HCN/su