Hannover – Die Corona-Pandemie ist für Kinder, Jugendliche und Familien besonders belastend – durch die Schließungen von Kitas, Schulen und anderer Einrichtungen war die Sorge um gefährdete Minderjährige in den vergangenen Wochen groß.
Der Kinderschutz ist eine der wichtigsten Aufgaben des Fachbereichs Jugend der Region Hannover, der in 16 Kommunen für das Wohl von 77.573 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren zuständig ist. „Natürlich haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes auch während des „Lockdowns“ versucht, weiterhin Kontakt zu halten.
Insgesamt sind die Zahlen der Inobhutnahmen in den letzten Monaten im Vergleich zum Vorjahr zwar deutlich zurückgegangen, wir gehen aber davon aus, dass sich durch die Corona-bedingte Situation zu Hause auch weniger Menschen bei uns melden konnten“, so Roland Levin, Leiter des Fachbereichs Jugend, der bei der Vorstellung des neuen Kinderschutzberichtes 2019 im heutigen Jugendhilfeausschuss (24.6.) auch auf die aktuellen Entwicklungen einging.
So sind im Frühjahr dieses Jahres (März bis Juni 2020) 32 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen worden, im Vergleichszeitraum von März bis Juni 2019 waren es noch 53 Minderjährige. „Gerade in diesen Zeiten ist der Kinderschutz wichtiger denn je – da ist es wichtig, dass alle die Augen offenhalten und Mitverantwortung übernehmen. Kinderschutz ist nicht nur Schwerpunkt der öffentlichen Jugendhilfe, sondern Aufgabe aller, die mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt stehen“, sagte Dr. Andrea Hanke, Dezernentin für Soziale Infrastruktur der Region Hannover.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs Jugend gehen allen Hinweisen auf mögliche Kindeswohlgefährdungen nach. Bei sogenannten gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung nehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendamtes Gefährdungseinschätzungen vor. Dabei bewerten mehrere Fachkräfte die Lebenssituation und das Wohl des oder der Minderjährigen – immer in möglichst enger Zusammenarbeit mit der Familie sowie dem Umfeld des Kindes oder Jugendlichen.
Laut dem aktuellen Kinderschutzbericht wurden 2019 bei 536 Minderjährigen und deren Familien Gefährdungseinschätzungen vorgenommen und beurteilt, knapp 270 weniger als im Vorjahr. Möglicher Grund für den Rückgang der Gefährdungseinschätzungen können die gestiegenen Zahlen der Fachberatungen sein: Im Jahr 2019 gab es insgesamt 410 telefonische Fachberatungen und damit rund 200 mehr als im Gründungsjahr 2015 der Fachberatung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in gemeinsamer Trägerschaft der Region und der LHH. „Die Ergebnisse der Gefährdungseinschätzungen zeigen auch, dass insgesamt die Zahl der Kindeswohlgefährdungen im Jahr 2019 zurückgegangen ist, das ist ein gutes Signal“, fasst Levin zusammen.
So lag bei über der Hälfte der Gefährdungseinschätzungen – 51,1 Prozent – weder eine Kindeswohlgefährdung vor noch war weitere Unterstützung nötig. Gleichzeitig sank die Anzahl der festgestellten Kindeswohlgefährdungen auf 13,2 Prozent. Zum Vergleich: 2017 lag die Anzahl noch bei 17,2 Prozent, im Jahr 2018 bei 15,5 Prozent. Bei akuten Krisen und Notsituationen können Inobhutnahmen nötig werden – im Jahr 2019 war das bei insgesamt 224 Kindern und Jugendlichen der Fall, im Jahr zuvor waren es noch 313 Kinder und Jugendliche. Bei knapp einem Viertel der Inobhutnahmen lag der Grund in der Überforderung der Eltern/des Elternteils. Die Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen ab zwölf bis 18 Jahren bilden mit insgesamt rund 78 Prozent die Hauptgruppe der in Obhut genommenen Minderjährigen.
HCN/pk