Hannover – Den Einfuhrschmuggel von 1,5 Milliarden unversteuerten und unverzollten Zigaretten und einen damit einhergehenden Steuerschaden von fast 550 Millionen EUR ¬hat ein eigens gegründetes „Joint Investigation Team“ aufgedeckt. Die internationale Ermittlungsgruppe aus belgischen und niederländischen Zollfahndern sowie des Zollfahndungsamts Hannover arbeitet seit vier Jahren grenzüberschreitend zusammen.
Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Bielefeld – Schwerpunktabteilung für die Bearbeitung besonders umfangreicher Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen und herausgehobener Verfahren der organisierten Kriminalität und für Vermögensabschöpfung – sind am 28. Januar 2025 Haftbefehle gegen 10 Tatverdächtige sowie insgesamt 15 Durchsuchungsbeschlüsse in einer länderübergreifenden und von einer deutschen Staatsanwältin bei EUROJUST in Den Haag/NL koordinierten gemeinsamen Aktion umgesetzt worden.
Die nunmehr festgenommenen Personen sollen seit mehreren Jahren gewerbsmäßig 150 mit unversteuerten und unverzollten Zigaretten beladene Überseecontainer in die EU geschmuggelt und in verschiedenen Mitgliedstaaten gewinnbringend vertrieben haben.
Der dadurch verursachte Steuerschaden beläuft sich auf Eingangsabgaben von mehr als 550 Mio. Euro.
Bereits im Mai 2020 begannen die ersten Ermittlungen durch Hinweise der belgischen Zollfahndung (FOD Antwerpen) auf 3 Container, die angeblich mit Baumaterial beladen für ein in Hannover ansässiges Unternehmen bestimmt waren. Die Container waren über Antwerpen/Belgien nach Duisburg verschifft und dort schließlich von einem tatbeteiligten Logistikunternehmen abgeholt worden.
Beim Zugriff in einer Lagerhalle bei Moers konnten 6 Tatbeteiligte festgenommen werden, darunter der Transportunternehmer und eine Person, die die Lieferungen veranlasst hatte.
Um die in Belgien eröffneten Zollversandverfahren zu beenden und keinen Verdacht auf die Sendungen zu lenken, hatte man nur den ersten der drei Container ordnungsgemäß mit Baumaterial beim Zoll vorgeführt. Der zweite und der dritte Container waren jeweils vollständig mit Zigaretten beladen.
Sichergestellte Beweismittel in dem Verfahren belegen, dass zuvor auf gleiche Art und Weise mehr als 20 weitere Container mit Zigaretten in die EU eingeschmuggelt worden waren.
Das Ermittlungsverfahren gegen die dort beteiligten Personen wurde mit Verurteilungen zu mehrjährigen Freiheitsstrafen abgeschlossen.
Ein intensiver länderübergreifender Erkenntnisaustausch mit den belgischen Zollbehörden in Antwerpen und Brüssel führte in 2021 zu einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe zum gleichen Modus Operandi, da die verantwortlich handelnden Personen in der weltweit agierenden kriminellen Organisationsstruktur weiterhin unversteuerte Zigaretten in die EU einschleusten.
Nachdem nachweislich ein Teil der Container in niederländischen Zwischenlagern entladen wurde, wurden die niederländischen Behörden (FIOD Rotterdam) in die Ermittlungen eingebunden. So konnten notwendige Ermittlungen auch in den Niederlanden geführt und eine Vielzahl von Schmuggelcontainern frühzeitig erkannt werden.
Die unversteuerten Zigaretten wurden schließlich entweder direkt bei der Einfuhr oder nach Observationen in Zwischenlagern bzw. bei Zustellung an die weiteren Abnehmer der unversteuerten Zigaretten sichergestellt. In drei Containern wurden zudem 51.000 kg unversteuerter Wasserpfeifentabak sichergestellt.
Die eingeschmuggelten Zigaretten wurden nach jetziger Verdachtslage in offiziellen Herstellungsbetrieben zumeist in der Türkei und dem Iran hergestellt, weltweit in Überseehäfen exportiert und dort von Mittätern umgeladen, bevor sie schließlich unter Veränderung der Warenbezeichnung in den Seefrachtdokumenten in Häfen von EU-Mitgliedsstaaten verbracht wurden. Bei der Einfuhr wurden falsche Warenbezeichnungen und fiktive Empfänger in den Dokumenten angemeldet.
Die weltweiten Ermittlungen hat das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) in Brüssel fortwährend begleitet und tatkräftig unterstützt und so erheblich zur benötigten internationalen Erkenntnisgewinnung beigetragen.
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld – Schwerpunktabteilung für die Bearbeitung besonders umfangreicher Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen und herausgehobener Verfahren der organisierten Kriminalität und für Vermögensabschöpfung – hat jetzt sieben nationale Haftbefehle, zwei Europäische Haftbefehle für Belgien, einen Europäischen Haftbefehl für die Niederlande sowie insgesamt 15 Durchsuchungsbeschlüsse in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern sowie in Belgien und den Niederlanden – auch unter Einsatz von Spezialkräften – vollstrecken lassen. Insgesamt richteten sich die Maßnahmen gegen 18 Beschuldigte.
HCN/aw