Kindern ein Lächeln zaubern

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Hannover – Unter der Woche im Controlling einer Bank arbeiten und am Wochenende toben und tanzen mit Kindern mit Beeinträchtigung: „Das passt gut zusammen“, findet Johanniterin Christin Rudolph. Die 30-Jährige engagiert sich im Besuchs- und Begleitdienst Regenbogen im Aegidius-Haus AUF DER BULT. Hier betreut sie ehrenamtlich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit schweren und schwersten Beeinträchtigungen. Die Kurzzeitpflegeeinrichtung bietet ein Zuhause auf Zeit, für ein paar Tage oder auch für mehrere Wochen. So können Mütter und Väter Kraft tanken oder etwas mit einem Geschwisterkind unternehmen.

Um die Pflege kümmern sich hauptamtliche Fachkräfte. Ehrenamtliche wie Christin Rudolph helfen während der Betreuungszeit beim Essen, unterhalten sich mit den Kindern, spielen, basteln oder singen. Was genau auf dem Programm steht, richtet sich nach den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen. „Manche Kinder bringst du schon zum Lachen, wenn du Headbanging machst und Grimassen ziehst“, sagt Christin Rudolph.

Auch Susanne Franzius, pensionierte Lehrerin, gehört zu den Johanniter-Ehrenamtlichen. „Kinder sind mein Kreislaufmittel“, sagt die 70-Jährige. Sie fühlt sich im Regenbogen-Team gut aufgehoben. „Das ist hier so schön: die Gemeinschaft. Mit den Hauptamtlichen, Ehrenamtlichen und natürlich auch mit den Kindern.“ Deshalb bietet sie besonders gern Aktivitäten an, die alle zusammenbringen wie gemeinsames Singen oder Geschichten erzählen.

Beide ziehen aus ihrer freiwilligen Arbeit auch einen Gewinn für sich selbst. „Es ist schön, wenn ich nach Hause gehen und total viel erzählen kann, was ich erlebt habe. Ich habe den Kindern eine Freude bereiten können und es ist nicht so förmlich wie in der Bank“, sagt Christin Rudolph. „Jeden Tag erlebe ich etwas, das mich berührt“, sagt Susanne Franzius. Zum Beispiel Kinder, die sich umeinander kümmern, ein Spielzeug bringen oder an der Hand nehmen. Auch knifflige Situationen können am Ende ein Lächeln zaubern: So erinnert sich die Ehrenamtliche, wie sie versuchte ein Mädchen zu trösten, das Heimweh hatte – zunächst erfolglos. Dann fiel Susanne Franzius der Rucksack um und der Inhalt ergoss sich über den Boden. „Das fand sie witzig. Da war sie getröstet und alles war wieder gut.“

Trotz ihres Vollzeitjobs findet Christin Rudolph rund zwei- bis fünfmal im Monat Zeit für ihr Ehrenamt, vor allem an Wochenenden. Das klappt, weil sie flexibel entscheiden kann, wann und wie oft sie Einsätze im Aegidius-Haus übernehmen will. Auch Susanne Franzius genießt es als Großmutter von fünf Enkeln, sich ihre Zeit selbst einteilen zu können: „Man kann auch sagen: Jetzt kann ich gerade nicht so oft. Und wenn ich wieder mehr Zeit habe, komme ich auch gern drei Tage hintereinander.“ Die rund 30 Ehrenamtlichen im Regenbogen-Projekt arbeiten in Vormittags- und Nachmittagsschichten an sieben Tagen in der Woche. Um der herausfordernden Arbeit gewachsen zu sein, absolvieren alle Freiwilligen intensive Schulungen. Außerdem treffen sie sich regelmäßig zu gemeinsamen Austauschrunden und finden in der hauptamtlichen Koordinatorin Dominika Gottscholl immer eine kompetente Ansprechpartnerin.

„Die Johanniter behandeln ihre Ehrenamtlichen wirklich großartig“, sagt Susanne Franzius. Sie möchte andere motivieren, sich ebenfalls zu engagieren. Auch wer andere Interessen hat als Singen oder Headbangen, kann einen großen Beitrag leisten. „Letzten Endes ist das Allerwichtigste, dass man Zeit und Zuwendung schenkt, egal, was genau man macht.“ Auch Christin Rudolph ruft dazu auf, Ängste und Hemmungen zu überwinden: „Viele sagen zu mir: ‚Ich bewundere dich dafür, dass du das kannst‘. Aber ich glaube, wenn sie selbst mal die Arbeit mit Kindern mit Beeinträchtigung ausprobieren würden, dann könnten sie das auch.“

HCN/pk