Hannover – Die Staatstheater Hannover feiern: Nach drei Jahren Bauzeit sind die neuen Werkstätten an der Bornumer Straße endlich fertiggestellt und betriebsbereit. Hannover verfügt nun über die modernsten und fortschrittlichsten Theaterwerkstätten im deutschsprachigen Raum.
Die Staatstheater Hannover feiern
Heute eröffnete Falko Mohrs, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, gemeinsam mit der Theaterleitung das neue Werkstattgebäude: “Die Einweihung des neuen Werkstattgebäudes ist ein historischer Meilenstein in der Geschichte des Theaters in Hannover. Der Werkstatt-Neubau ist eine langfristig wirkende Zukunftsinvestition. Sowohl das Schauspiel als auch die Staatsoper erhalten damit die Grundlage für eine neue Qualität der Bühnendekorationen. Ich danke allen Beteiligten, die unter teilweise schwierigen Rahmenbedingungen ermöglicht haben, dass wir heute die Einweihung feiern können!”
“In Verbindung mit dem Probenzentrum ist mit den Theaterwerkstätten in Bornum nun eine richtige Traumfabrik entstanden,” erklärt Schauspiel-Intendantin Sonja Anders. “Die Regieteams und Darsteller:innen kommen nun in einen engeren Austausch mit den Werkstätten.”
Opernintendantin Laura Berman ergänzt: “Der neue Werkstattkomplex trägt uns wie auf einer Welle in die Zukunft. Die zeitgemäßen Arbeitsbedingungen kreieren einen Ort, an dem auch die kommenden Generationen noch gern arbeiten werden.”
Bisherige Werkstätten
Bisher waren die Theaterwerkstätten in dem viel zu kleinen Werkstattgebäude an der Hildesheimer Straße hinter der Stadtbibliothek untergebracht. Das 1928 errichtete Magazin- und Werkstattgebäude ist bereits seit vielen Jahren stark sanierungsbedürftig und technisch veraltet. Es entspricht längst nicht mehr den Anforderungen an den Arbeits- und Gesundheitsschutz. So fehlt es an jeder Hebe- und Ladetechnik, bisher wurden alle Materialien weitgehend händisch bewegt. “Wir verarbeiten jährlich etwa 75 Tonnen Stahl, 40.000 m Holzlatten und 10.500 m² Plattenwerkstoffe wie Sperrholz, Multiplex und Tischlerplatte in unseren Dekorationswerkstätten. Das alles nur mit Muskelkraft in beengten Räumen zu bewegen, war ein nicht mehr hinnehmbarer Zustand,” erklärt der Kaufmännische Geschäftsführer Jürgen Braasch.
In den Theaterwerkstätten arbeiten über 70 Menschen verschiedenster Fachbereiche an der Konstruktion und Realisierung von rund 40 Bühnenbildern pro Jahr für die Staatsoper und das Schauspiel Hannover. An der Bornumer Straße ist dafür nun eine der modernsten Theaterwerkstätten entstanden, die den Anforderungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gerecht wird und auch im Hinblick auf Effizienz und digitale Produktionsweisen ein Vorzeigeprojekt in der deutschsprachigen Theaterlandschaft ist. Dafür haben die Mitarbeitenden bei der Planung des Gebäudes intensiv mitgewirkt: “Wir haben alle Arbeitsabläufe durchleuchtet und vor allem die Erfahrungen und Vorschläge der Belegschaft einbezogen. Das Gebäude ist für uns mit den Menschen entstanden, die hier arbeiten,” betont der Leiter der Werkstätten Nils Hojer.
Im Vorfeld intensive Analysen
Im Vorfeld des geplanten Neubaus wurden intensive Nutzungs-, Standort- und Wirtschaftlichkeitsanalysen durchgeführt, die letztlich den Ausschlag für den Neubau gaben. Das Gelände in Bornum gehört seit 2017 dem Land Niedersachsen, es wurde dem Staatstheater Hannover in Erbpacht überlassen. Auf dem Grundstück befindet sich bereits seit 2005 das Probebühnenzentrum und das Dekorationslager der Staatstheater.
Die Kosten werden sich voraussichtlich auf rund 38 Mio. Euro belaufen, die vollständig von der Niedersächsischen Staatstheater Hannover GmbH aufgebracht wurden. Die Staatstheater haben auch die Planung und Realisierung des Baus verantwortet. Das Land Niedersachsen ist einziger Gesellschafter der Staatstheater Hannover und hat über den Aufsichtsrat den gesamten Planungs- und Umsetzungsprozess begleitet und gesteuert.
“Wir sind mit dem Bau in eine schwierige Zeit geraten mit explodierenden Baupreisen, der Corona-Pandemie und Lieferengpässen wegen des Ukrainekrieges. Nun ist es endlich fertig,” stellt Jürgen Braasch erleichtert fest.
Architektonische Entwürfe
Die Entwürfe stammen von dem Architekturbüro Architekten BKSP Grabau Obermann Ronczka und Partner mbB aus Hannover, welches sich zuvor als Generalplaner in einem europaweiten Vergabeverfahren durchsetzen konnte. Die Bauplanung erfolgte mithilfe von modernster digitaler Technik – der Werkstattneubau ist das erste öffentliche Bauprojekt in Niedersachsen, welches mit der innovativen Building Information Modeling-Methode entstanden ist. BIM verbessert die Zusammenarbeit der Fachplaner, alle “bauen” zunächst einen vollständigen digitalen Zwilling des Gebäudes als digitales Modell. Dabei werden schon im Modell alle Kollisionen zwischen einzelnen Planungsbereichen erkannt und können geklärt werden, bevor gebaut wird.
BKSP-Geschäftsführer Michael Ronczka freut sich über das Ergebnis: “Für uns lag die Herausforderung darin, den stark funktional geprägten Theaterwerkstätten auch eine gestalterische Qualität zu geben und damit eine sehr gute Architektur zu schaffen! Diesen gebauten Anspruch kann man besonders in der einzigartigen Fassade erkennen, welche mit dem rhythmisierenden Trapezblech einen Bühnenvorhang zitiert. Die unterschiedlich großen, quadratischen Fenster in der Fassade bilden dabei jeweils einen eigenen Rahmen für spannende Ausblicke und interessante Einblicke in die kreativen Arbeitsbereiche, in dessen Zentrum die imposante Montagehalle angeordnet ist. Man sieht dem Projekt an, dass Bauherr und Architekt immer zielorientiert, vertrauensvoll und engagiert zusammengearbeitet haben. So konnten auch Aspekte der Nachhaltigkeit in Form von kreislaufgerechten Materialien und einer resilienten Planung umgesetzt werden. Unser gesamtes Planungsteam freut sich auf die gemeinsame Einweihung.”
Jürgen Braasch ergänzt: “Auch das Werkstattgebäude an der Hildesheimer Straße, das vor knapp 100 Jahren von Stadtbaurat Karl Elkart im Stil des Backstein-Expressionismus geplant wurde, war 1928 funktional wie ästhetisch herausragend. Wir sind sehr froh, dass diese Symbiose wieder gelungen ist.”
Weiternutzung
Das nun freiwerdende denkmalgeschützte Werkstattgebäude wurde von der Region Hannover erworben und wird in ein Büro- und Verwaltungsgebäude umgebaut.
HCN/aw